Freitag, 7. Dezember 2012

Marrakesch

Nach dem Frühstück in angenehmer Atmosphäre im Innenhof des Riad ging ich erst mal zum Djamaa-el-Fna, dem Platz der Gehenkten. Es war noch nicht so viel los dort, aber natürlich gab es schon kleinere Gruppen mit Geschichtenerzählern, die Schlangenbeschwörer mit der Flöte, Affen an der Leine und ein paar Trommler. Meinem Prinzip blieb ich treu, kein Geld für Photos, und so ging ich auch gar nicht so nah ran. Die armen Schlagen taten mir leid, den ganzen Tag wurden sie gereizt, damit sie sich schön bedrohlich aufrichteten. Einige Affen liefen gar mit Pampers rum, das gab dem Bild etwas Skuriles. Ich ging weiter zur Kutubiya-Moschee, als ich eine Polizeikontrolle entdeckte. Die hielten jeden Mopedfahrer an, und mehr als die Hälfte der Mopeds wurde anschließend beschlagnahmt und auf einen Transporter mit Anhänger verfrachtet. Ich habe das aus der Entfernung geknipst und bin dann zur Moschee. Es dauerte nicht lange, da stand einer der Polizisten neben mir, ganz freundlich, aber es wäre nicht erlaubt, Polizei im Einsatz zu photographieren. Und so musste ich denn die Bilder wieder löschen. So ganz auf Zack scheinen die Einsatzkräfte aber nicht zu sein, denn wieder im Hotel zauberte ein aus dem Web runtergeladenes Wiederherstellungsprogramm die gelöschten Bilder im Nu wieder herbei.
Anschließend ging es in die Souks. Für alle Fälle hatte ich mein Navi dabei, um wieder zum Hotel zurückzufinden. Es geht je nach Viertel durch verschiedene Sparten, ums Hotel herum sind die Gewürze, es gibt Lederwaren, Schmuck, Stoffe, Kupferschmiede, Holzschnitzer, kurz, es gibt eigentlich nichts, was es nicht gibt. Interessant fand ich z.B. die Handtaschen, Anziehsachen und Eimer aus alten Reifen.
Es gibt ganz viele wirklich arme Menschen hier, alte Leute, welche mit Kindern oder auf Krücken, das ist mir schon gestern Abend aufgefallen. Ich bin dann auch eine ganze Menge Münzen an solche Menschen losgeworden, aber es sind soviele, man weiß gar nicht, wem man etwas geben soll. Nach meinen Recherchen müssen 20% der Marokkaner mit weniger als 1 Euro pro Tag auskommen, überdies sind 40% Analphabeten, und besonders die Berber sind gegenüber dem Rest der Bevölkerung benachteiligt. Wie immer ziehen die Menschen, denen es auf dem Land schlecht geht, in die Städte und geraten hier noch stärker in den Abwärtsstrudel.
Marrakesch, das ist genau dieses Konglomerat aus den Reichen und Schönen, den Bitterarmen, den Touristen, die hier den Zauber der alten Märchen wiederfinden können, den Händlern und Geschäftemachern und denen, die nur davon träumen. Es ist ein Gequirle und Durcheinander, dass man erst mal Zeit braucht, um nicht zurück zu schrecken, und wenn man dann tiefer eintaucht, dann erschrickt man wieder und will ganz schnell wieder weg. Die Polizei kassiert die Mopeds, aber ein dicker Porsche Cayenne darf direkt neben einem genauso dicken Mercedes vor den Augen vieler Polizisten am Djamaa-el-Fna stehen bleiben, während der Dacia Logan abgeschleppt wird. Man kennt sich offenbar. Das ist auch eine Form der Sozialversicherung, wenn man jemanden kennt. Denn so wie bei uns springt der Staat hier nicht ein. Entweder man arbeitet oder andere kommen für einen auf, oder man bettelt und geht über kurz oder lang zugrunde.
Zwischendurch bin ich immer mal wieder ins Hotel zurück, alles ist hier gut zu Fuss zu erreichen. Das Riad liegt direkt hinter dem Königspalast, und entlang dessen Mauer sitzt alle paar Meter ein Storchenpaar. Ausgestorben sind die hier jedenfalls nicht, ein tolles Bild. Weiter war ich in der Berrima und bei der alten Synagoge, sehr urig , die Gassen dort. Obwohl fast in der ganzen Altstadt die Gassen nur sehr schmal sind, brettern die Mopeds links und rechts an einem vorbei, dass einem Angst und Bange werden könnte. Aber irgendwie finden alle einen Weg, ohne Kollision vorwärts zu kommen.
Zum Abendessen bin ich dann noch einmal zum Platz der Gehenkten. Was für ein Unterschied: auf dem Riesenplatz war kaum noch Platz, Garküchen waren aufgebaut, die Geschichtenerzähler hatten große Gruppen um sich versammelt, überall Verkaufsstände, der Duft von Essen und Räucherstäbchen lag in der Luft, das muss man auf jeden Fall einmal gesehen haben. Das Tajine war das mit Abstand schlechteste bisher, aber dieser Platz, der hat etwas, das muss ich zugeben. Der frisch gepresste Orangensaft kostet dort umgerechnet 40 Cent, einfach köstlich. Und zum Nachtisch süße Kekse. Mit diesem positiven Eindruck zum Schluss werde ich Marrakesch bestimmt nicht zum letzten Mal besucht haben.
Storchennester auf der Mauer des Königspalastes

Meister Adebar

jedes zweite Moped wird kassiert

oh,oh, der eine Polizist hat mich schon im Visier

im Souk

in der Altstadt eine Hauptstrasse

Fahrrad- und Moped-Geschäft
 
ob ich diesen Klempner um Hilfe bitten würde?

am Djamaa-el-Fna

Berber-Schmuck

Teppiche

für Latex-Fetichisten aus alten Reifen gemacht
 

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