Freitag, 30. November 2012

an meinen Grenzen

Da ich gestern weniger geschafft hatte als vorgesehen, stand ich um 7 Uhr mit dem Sonnenaufgang auf. Der Sand an den Füssen war noch verdammt kalt. Kein Windhauch, kein Verkehr, in aller Ruhe packte ich alles zusammen und freute mich schon auf einen Cafe in irgendeinem Dorf. Hatten doch die Leute von der letzten Auberge, bei der ich eine Cola trank, von vielen Dörfern gesprochen, aber das war jetzt auch schon wieder 40 km her.
Schon nach ein paar Kilometern konnte ich die Jacke ausziehen, und die Fliegen kamen zurück. Dann kam der erste Windhauch, und die Fliegen verschwanden. Klasse! Und dann wurde der Wind stärker, und 7 km vom Zeltplatz entfernt hatte der Wind eine Geschwindigkeit und Kraft, dass ich nach jedem Kilometer einige Minuten schieben musste. Einige Kilometer später kreuzte die alte Piste die neue Trasse von Zagora nach Tissemimoune, die zwar noch nicht geteert ist, aber schon Geschwindigkeiten über 100 km/h zulässt, was die marokkanischen 4x4-Wagen offenbar als Minimum betrachten. Dass dabei Steine und jede Menge Staub aufgewirbelt werden, stört sie wenig, für mich hieß es immer in Deckung gehen. Der Verkehr hatte inzwischen auch deutlich zugenommen, etwa alle 10 Minuten ein Auto. Nur leider keines, was mich mitnehmen wollte, so musste ich weiter schieben, radeln, schieben, Pause machen. Der Wind hatte teils so eine Kraft, dass ich selbst mit kleinster Übersetzung nicht gegen ihn ankam. Hätte es irgendwo eine Auberge gegeben, ich hätte den Kampf sofort aufgegeben, aber da war nichts bis Zagora. Keine Auberge, und auch nichts, wo man Wasser oder Cola hätte kaufen können. Beim Strampeln gegen den Wind verbrauchte ich viel Feuchtigkeit, aber mein Wasser musste ich jetzt rationieren. Es mag Menschen mit den dazu notwendigen Muskelpaketen geben, meine jedenfalls reichten nicht aus, gegen den Sturm senkrecht von vorne noch länger anzugehen. Die Schiebepausen wurden immer länger, der Rücken tat mir weh, und an Zelten war bei dem Wind auch nicht zu denken. Noch 30 km bis Zagora, noch 20 km, die Sonne ging langsam unter, noch 10 km, und dann, kurz vor Zagora, ließ der Wind nach und ich fand genau 64 km nach dem Start einen Shop mit Wasser, Cola und etwas Süßem. Alles tat mir weh, ich war wirklich am Limit. Von einem lokalen Reiseveranstalter ließ ich mir gerne ein Hotel in Zagora zeigen, WLAN leider nur im Lobby-Bereich, aber das Essen ist gut, die Dusche warm, und gleich falle ich ins Bett. Bin noch am Überlegen, ob ich hier einen Tag Pause machen soll, einfach mal wieder zu Kräften kommen. Bier und Wein gibt es hier auch nicht, aber daran habe ich mich inzwischen gewöhnt.
Der heutige Tag hat mir brutal die Schattenseiten des Radfahrens vor Auge geführt. Das war nicht schön, das war einfach nur eine Qual. Ich hoffe, der Wind legt sich bis morgen. Ich war 9 1/2 Stunden unterwegs, ohne Wind wäre es mindestens ein Drittel weniger gewesen. Immerhin habe ich es geschafft, aber es blieb mir ja auch gar nichts anderes übrig.
mein Zeltplatz bei Sonnenaufgang

doch nicht ganz alleine

gute Strasse, wenn der Wind nicht gewesen wäre

noch 30 km bis Zagora

1 Kommentar:

  1. Hallo Uwe,
    willkommen in Zagora! Grossartig, dass du es bis hierher geschafft hast und erst hier Deine Grenzen erreicht. Dieses Schicksal hätte mich vermutlich bereits am zweiten Tag ereilt! Dein Reisebericht gibt dem Leser grossartige Einblicke in ein Land über das ich bisher nur gelesen habe, zB bei Michael Martin. Deine Beschreibungen finde ich noch viel lebendiger! Auf jeden Fall hast Du Dir eine Pause verdient falls Du dir das selbst erlaubst.
    VLG Karl

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